IO im Gespräch mit Dr. habil. Maja Jeretin-Kopf, Geschäftsführerin der BAT-Solutions GmbH, Prof. Dr. Rüdiger Haas, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums SITIS, und Oliver Brehm, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Innovation und Organisation. Das Experten Trio bündelt seit Jahren die Kernkompetenzen in Arbeitskreisen und organisiert eine Tagungsreihe im Spannungsfeld der Themen Faktor Mensch / Digitalisierung / KMU.

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IO im Gespräch mit Dr. habil. Maja Jeretin-Kopf, Geschäftsführerin der BAT-Solutions GmbH, Prof. Dr. Rüdiger Haas, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums SITIS, und Oliver Brehm, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Innovation und Organisation. Das Experten Trio bündelt seit Jahren die Kernkompetenzen in Arbeitskreisen und organisiert eine Tagungsreihe im Spannungsfeld der Themen Faktor Mensch / Digitalisierung / KMU.

Wird der Mensch in Zeiten der Digitalisierung eigentlich noch benötigt? Nein, der digitale Wandel würde ohne den Menschen gar nicht stattfinden; davon sind die Experten Dr. habil. Maja Jeretin-Kopf, Prof. Dr. Rüdiger Haas und Oliver Brehm überzeugt und sehen den Faktor Mensch daher sogar als entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation. Es bedarf jedoch einer ordentlichen Vorbereitung der Mitarbeitenden auf die neuen Anforderungen. Wie dies gelingen kann und welche Rolle die Weiterbildungskonzepte hierbei spielen, erörterte die IOvolution mit den drei Experten.

IO: Herr Professor Haas, könnte man die digitale Transformation sowie die zunehmende Konvergenz von Technologiefeldern und Branchen als Schlüsselfaktoren der Wirtschaft X.0 bezeichnen und welche Herausforderungen und Chancen würden Sie in diesem Fall auf kleine und mittelständische Unternehmen zukommen sehen?

Sicherlich gehören die digitale Transformation und die zunehmende Konvergenz von Technologiefeldern und Branchen zu den wichtigsten Faktoren der Wirtschaft X.0. Daraus ergibt sich für die Unternehmen folgende Fragen: Welche strukturellen Veränderungen damit einhergehen werden und wie wir damit umgehen sollen, damit wir den Wandel erfolgreich vollziehen? Die großen Unternehmen sind darauf deutlich besser vorbereitet als kleinere und mittlere. Ich greife hier nur beispielhaft zwei Bereiche auf, die die KMU vor besondere Herausforderungen stellen: Zum einen die Qualifizierung der Mitarbeitenden und zum anderen der technologische Fortschritt. Meistern wir diese Herausforderungen, kann sich vielfacher Nutzen ergeben: Erhöhung der Produktionsflexibilität, schnellere Reaktionszeiten und die Erhöhung der Gesamtanlageneffektivität.

IO: Herr Brehm, Sie schmunzeln, sehen Sie das auch so?

Ich stimme Herrn Haas hier vollkommen zu. Jedoch finde ich, dass man die Wirtschaft X.0 grundsätzlich viel feingranularer betrachten muss. Ich glaube, ich kann für uns alle sprechen, dass wir den Faktor Mensch im Produktentstehungsprozess (PEP) als heimlichen Erfolgsfaktor der digitalen Transformation für kleine und mittelständische Unternehmen favorisieren. Die personellen Ressourcen der Unternehmen sind begrenzt, trotzdem soll mit den Besten der Besten das Tagesgeschäft abgewickelt, die Marktfähigkeit des bestehenden Geschäftsmodells mit neuen State-of-the-Art-Technologien sichergestellt und gleichzeitig noch neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Das ist schon ein bisschen mehr als ein Spagat. Zudem trifft es gerade bei kleinen Unternehmen immer dieselben Personen.

"Alles ist geprägt vom Spagat: Wir benötigen Experten, die gleichzeitig Generalisten sind."

"Alles ist geprägt vom Spagat: Wir benötigen Experten, die gleichzeitig Generalisten sind."

IO: Frau Dr. Jeretin-Kopf, auch in Zeiten der Digitalisierung bleiben die Mitarbeitenden das wichtigste Betriebskapital dar. Viele Mitarbeitende haben jedoch Bedenken hinsichtlich der Herausforderungen, welche mit der zunehmenden Digitalisierung einhergehen. Was empfehlen Sie den Unternehmen, um auf diese Situation optimal vorbereitet zu sein?

Große Unternehmen verfügen bereits über eigene Akademien oder Schulungskonzepte, die auf eine langfristige Personalentwicklung angepasst sind. Das fehlt den meisten KMU, vor allem aber fehlt dort oftmals das Bewusstsein, dass Weiterbildung zum festen Bestandteil der Unternehmensentwicklung dazugehört. Sich weiterzubilden war bisher keine Selbstverständlichkeit. Nun wird aber nicht nur den Führungskräften, sondern auch der Belegschaft bewusst, dass sich das ändern muss. Dies verunsichert zunächst. Es ist wichtig, dass die Unternehmen diese Ängste ernst nehmen und die Mitarbeitenden möglichst früh in die Entwicklung von Weiterbildungskonzepten einbeziehen. 

IO: Zu dieser Thematik haben Sie doch eine Fachtagung realisiert. Welche Erkenntnisse haben Sie damals gewonnen? 

Wir haben uns im Rahmen unserer Fachtagung „Faktor Mensch in Zeiten der Digitalisierung“ im Juli mit dem Thema beschäftigt und waren vom Ergebnis der Veranstaltung nicht wirklich überrascht: Alles ist geprägt vom Spagat. Wir benötigen Experten, die gleichzeitig Generalisten sind. Wir müssen es schaffen, in interdisziplinären heterogenen Teams die Kommunikation sicherzustellen, obwohl die Mitglieder völlig unterschiedliche Sprachen sprechen. Die Mitarbeiter müssen in der Lage sein, konzeptionell arbeiten und sich unfallfrei im Spannungsfeld zwischen harter Spezifikation und agilen Methoden bewegen zu können. Die Eigenschaft sich aus der Komfortzone heraus zu wagen, sich an Grenzüberschreitungen heranzutasten, um auch mal zu einer radikal neuen Lösung zu kommen, ist manchen Mitarbeitern abhandengekommen. Daher muss sich in den Unternehmen erst eine Weiterbildungskultur entwickeln. Allerdings muss dies schnell geschehen, sonst wird man für den Wandel nicht gewappnet sein. Hier sehe ich außerordentlich gute Chancen gerade für kleine Unternehmen künftig stark zu punkten.

IO: Frau Dr. Jeretin-Kopf, die Entwicklung eigener Weiterbildungskonzepte erfordert bei den Führungskräften der Unternehmen doch ganz neue Kompetenzen. Kann dies von den typischen Vertretern des Top- und Middle- Managements überhaupt geleistet werden?

In der Regel nicht, aber sie können hierfür fremde Hilfe holen, wie sie das schon beim Steuerberater, Rechtsanwalt und im Bereich der klassischen Unternehmensführung tun. Allerdings ist der Gedanke, dass man sich nun Hilfe von pädagogisch geschulten Fachkräften holen müsste, für viele neu. Und dann kommt noch eine weitere Schwierigkeit hinzu, denn solche Experten sind auf dem Markt kaum vorhanden. Die Pädagogik, auch Berufspädagogik und Technikdidaktik, fokussierten sich bisher nicht auf die Lebens- und Arbeitsabschnitte der Menschen, die bereits seit vielen Jahren im Berufsleben stehen und sich lebenslang weiterbilden wollen und sollen. Gemeinsam mit Prof. Haas widmen wir uns nun seit mehreren Jahren dem Thema „Technische Bildung im industriellem Kontext“, denn diesen Bereich gilt es sowohl theoretisch als auch praktisch zu ergründen, um für die kommenden Herausforderungen gewappnet zu sein. 

"Unsere Vorreiterrolle ist keine Selbstverständlichkeit. Wir dürfen uns also nicht ausruhen."

IO: Herr Brehm, welche Methoden setzen Sie bei der Umsetzung Ihrer Projekte im Bereich der Personalentwicklung und Managementberatung ein?

Über einen Zeitraum von 20 Jahren haben wir auf dem Rücken vieler Projekte, beispielsweise der Auswahl von CAD- und PLM-Systemen, eine Methode entwickelt, Veränderungen im Unternehmen nachhaltig und mit höchster Akzeptanz durch die Mitarbeiter selbst umzusetzen. Wir nennen es „Smart Benchmarking“. Unabhängig von der Tatsache, ob es sich um eine System-, Organisations-, Prozess- oder Technologie-Innovation handelt, haben wir das Vorgehen so weit systematisiert, dass Qualifizierung, Lösungsfindung und Implementierung der Veränderung weitestgehend in der Hand der betroffenen Mitarbeiter liegen.

IO: Herr Professor Haas, eigentlich dürfte der permanente technologische Fortschritt keine größere Herausforderung für die deutsche Wirtschaft darstellen. Im Gegenteil, wir haben doch hier seit Jahrzehnten eine Vorreiterolle.

Unsere Vorreiterrolle ist keine Selbstverständlichkeit. Gute Indikatoren für die Innovationsfähigkeit eines Landes sind beispielsweise Patentanmeldungen und die Anzahl der Publikationen. Setzt man diese Zahlen in Relation mit der Anzahl der Einwohner, so hinken wir bei den Publikationen EU-Ländern wie Dänemark, Finnland, Luxemburg, Niederlande, Schweden und einigen mehr hinterher. Auch der Anteil der weltweitrelevanten Patente ist in Ländern wie Schweden, Schweiz und Japan größer. Und dies, obwohl sich zum Beispiel Bruttoinlandsausgaben für Forschung und Entwicklung in den letzten 20 Jahren in der Wirtschaft verdoppelt haben. Wir dürfen uns also nicht ausruhen und sollten an den Hochschulen mehr und intensivere Forschung betreiben. Damit dies gelingt, benötigen wir aber auch an den Hochschulen andere Rahmenbedingungen und strukturelle Veränderungen.

IO: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

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Die digitale Transformation der Wirtschaft, die auch unter dem Begriff Industrie 4.0 diskutiert wird, ist ein Megatrend, der alle Arbeits- und Lebensbereiche durchdringt und sie verändert. Sie betrifft das Bildungssystem genauso wie das Gesundheitswesen, die Kommunen ebenso wie den Handel und selbstverständlich auch die industrielle Hochtechnologie, die das Herzstück des deutschen Standorts bildet. Umso wichtiger ist es, diese vielfältigen und dynamischen Entwicklungen der digitalen Transformation übersichtlich darzustellen und verständlich zu erklären. Wie wichtig dies ist, kennen wir aus unserer täglichen Arbeit bei der Iodata GmbH. Als Daten-Spezialisten strukturieren, analysieren und visualisieren wir Unternehmensdaten, damit das Management begründete und fundierte Entscheidungen treffen kann. Um die vielfältigen Entwicklungen der Digitalisierung zu beschreiben und zu verstehen, müssen ergänzend zu den quantitativen Daten auch qualitative Indikatoren beachtet werden. Denn heute blicken wir auf dem Fundament von Business Intelligence auf neue Herausforderungen: Smart Data, künstliche Intelligenz, autonome Fertigungsbetriebe, vernetzte Fabriken, Mensch-Roboter-Kollaborationen, predictive analytics, Internet der Dinge oder virtuelle Realitäten, um nur einige Highlights zu nennen. Iovolution.de ist daher nicht nur ein Online-Magazin, das sich an Entscheider aus Wirtschaft, Verbände, Politik und Wissenschaft wendet. Es ist eine Erweiterung des Angebots der Iodata GmbH: ein Instrument zur Trend- und Innovationsbeobachtung.

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