Bei zunehmend komplexen Märkten, gewinnt die Automatisierung der Marktbeobachtung und Preispolitik immer mehr an Bedeutung. Mit Sebastian Klumpp, CEO von priceintelligence, führten wir ein Gespräch über digitale Marktbeobachtung, Preisgestaltung, sich ändernde Berufsbilder, die Bedeutung von Business Intelligence - und welche Macht Endverbraucher heute noch haben.

Priceintelligence: Der Endverbraucher ist nicht der Verlierer

Beitrag teilen

Bei zunehmend komplexen Märkten, gewinnt die Automatisierung der Marktbeobachtung und Preispolitik immer mehr an Bedeutung. Mit Sebastian Klumpp, CEO von priceintelligence, führten wir ein Gespräch über digitale Marktbeobachtung, Preisgestaltung, sich ändernde Berufsbilder, die Bedeutung von Business Intelligence – und welche Macht Endverbraucher heute noch haben.

Herr Klumpp, Ihr Unternehmen „priceintelligence“ bietet eine technologische Lösung an, die nicht selbsterklärend ist. Daher möchte ich in das Thema anders einsteigen: von welchen Funktionsträgern in den Unternehmen wird Ihre Technologie eingesetzt?

Es hängt davon ab, ob das Unternehmen eher ein Händler oder ein Markenhersteller ist. Bei Händlern existieren in der Regel E-Commerce-Abteilungen, die sich um das Online-Marketing oder um das Performance-Marketing kümmern. Es kommt immer häufiger vor, dass unsere Technologie von Category Managern eingesetzt werden. Sie nehmen oft eine Doppelrolle ein: einerseits sind sie gegenüber Lieferanten die Einkäufer, aber bei den Endverbrauchern tragen sie bei, dass die Waren verkauft werden.

Was macht der Online-Marketing-Manager anders als der Category Manager?
 
Der Online-Marketing-Manager ist verantwortlich, dass sein Unternehmen und seine Waren auf digitalen Marktplätzen wie etwa auf Zalando, Amazon und Google Shopping gut sichtbar sind. Er betreut SEA-, Display- und Textkampagnen, damit möglichst viele Internetuser auf ihre Waren klicken. Der Category Manager hingegen ist für bestimmte Warengruppen zuständig. Er kümmert sich um die Beschaffung und Bereitstellung dieser Waren. Da seine Tätigkeit sich vermehrt in Online-Shops verlagert, ist priceintelligence für sie ebenfalls interessanter geworden.
 
Und wer sind die Funktionsträger bei den Markenherstellern?
 
Dort sind unsere Ansprechpartner sogenannte „Marktplatz-Verantwortliche“. Manche Markenhersteller ziehen die Bezeichnung „E-Commerce-Leiter“ vor. In beiden Fällen kümmern sie sich, dass die Waren, die sie herstellen, auf Marktplätzen von Amazon, Zalando oder Google Shopping eingestellt und verwaltet werden. Inzwischen bieten immer mehr Hersteller eigene Online-Shops an. Für diese sind die Marktplatz-Verantwortlichen ebenfalls verantwortlich.
Zur Person

Zur Person

Sebastian Klumpp ist Mitgründer und Geschäftsführer der Price Intelligence GmbH, dem Anbieter der gleichnamigen Preisüberwachungs- und -optimierungssoftware priceintelligence. Er selbst gehört zu den Pionieren im Online- und Multichannel-Handel, war zuvor u.a. für das Produktdatenmanagement der Klingel-Gruppe zuständig und kennt die Herausforderungen der Beteiligten im komplexen Geschehen.

Und was ist das gemeinsame Motiv aller Funktionsträger, Ihre technologische Lösung einzusetzen?
 
Das ist ganz einfach: Alle sind daran interessiert, dass ihre Produkte zu möglichst marktoptimalen Preisen angeboten und verkauft werden. Und: sie wollen aus der Blackbox raus. Durch die Vielzahl an Marktplätzen, Plattformen und Marktteilnehmern entsteht eine enorme Unübersichtlichkeit. Alle unsere Kunden möchte durch strukturierte Marktdaten Transparenz herstellen.
 
Jetzt aber die Frage: Was macht priceintelligence genau?
 
Zuallererst sammeln wir Daten, beispielsweise von Amazon, Idealo oder Google Shopping. Dabei rufen wir alle Informationen aus den Produktdetail- und Kategorieseiten auf und werten sie mit verschiedenen Algorithmen aus. Solche Daten sammeln wir natürlich auch auf den Online-Shops der Mitbewerber unserer Kunden.
 
Mit welchem Erkenntnisinteresse werden die Daten ausgewertet? Wie kann ich mir das vorstellen?
 
Stellen Sie sich einen Händler wie EURONICS vor, der etwa Logitech-Mäuse verkaufen möchte. Wir sammeln auf diesen digitalen Marktplätzen alle Preise und Produktinformationen sowie Informationen zu den Mitbewerbern. Dann können wir EURONICS ein umfassendes Bild von der Wettbewerbslage dokumentieren: welche Mitbewerber ähnliches Produktsortiment bietet, welche Sortimente sie noch im Programm haben, wie die höchsten und niedrigsten Preise sind, wie sie von Kunden bewertet werden, welche Rezensionen sie erhalten.
 
Und EURONICS passt dann seinen Preis auf den Marktplätzen an.
 
Im Prinzip ja… später können diese Preisanpassungen automatisch vonstattengehen. Vorher müssen einige strategischen Fragen geklärt werden. Es nützt niemanden, weder dem Kunden noch EURONICS, dass er die anderen Anbieter unterbietet. Um es zuzuspitzen: EURONICS kann sich nicht mit einem Ebay-Verkäufer gleichsetzen und versuchen, ihn zu unterbieten. Das Unternehmen hat einen belastbaren Markenwert und kann sich auf Kundenvertrauen stützen. Einen anderen Anbieter im Preis zu unterbieten, kann in seinem Fall sogar kontraproduktiv sein. In die Entwicklung einer angemessenen Preisstrategie fließen auch Kundenbewertungen und die Rezensionen.
 
Welche Daten und Informationen fließen noch in die Preisstrategie ein?
 
Es ist nicht ausschließlich der Preis oder die Produktinformationen, die wir abfragen. Wir können, wie zuvor angeführt, die Kundenrezensionen auslesen; auch solche Informationen wie etwa Versandkosten, Verfügbarkeit der Artikel, ihre Präsentation und Bewertung.
 
Stellt sich für mich die Frage, was Sie von den anderen Anbietern unterscheidet. Ich vermute, Sie setzen eine Crawling-Technologie ein, um die Daten zu sammeln. Das können auch andere Anbieter…
 
Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen beim Sammeln und Auswerten der Daten. Die meisten greifen die Daten direkten auf den Webseiten und Online-Shops der Mitbewerber ab. Eine Vorgehensweise ist, dass die Preise auf den Online-Shops von Media-Markt, Saturn, Conrad Electronics usw. direkt gesammelt und ausgewertet werden. Wir machen das auf Wunsch des Kunden auch, aber gehen hauptsächlich einen anderen Weg, der unserer Meinung nach für den Kunden effizienter und zielführender ist.
 
Wie machen Sie es?
 
Uns interessieren die Online-Shops der Mitbewerber unserer Kunden nicht vorranging. Wir gehen primär auf die Marktplätze wie Amazon, Zalando oder Google Shopping und auf Vergleichsportale wie idealo.de oder check24.de.
 
Was macht das für einen Unterschied aus?
 
Es macht einen gewaltigen Unterschied aus. Zum einen ist der Preiswettbewerb auf diesen Marktplätzen aggressiver. Der Preis für die Logitech-Maus aus mediamarkt.de weicht von dem der digitalen Marktplätze in der Regel ab. Also das Wettbewerbsumfeld ist mit Blick auf den Preiskampf authentischer. Zum anderen ist die Menge der Daten auf den Marktplätzen und Vergleichsportalen riesig, die sich zudem stündlich ändern können. Damit liegt eine enorme Komplexität vor, die eine Technologie erst einmal bewältigen können muss.
Zu priceintelligence

Zu priceintelligence

Die priceintelligence GmbH ist einer der führenden Anbieter auf dem Gebiet der Marktüberwachungssoftware. Das Unternehmen ist Teil der parsionate Gruppe, einem der führenden Beratungsspezialisten für Datenmanagement in Europa, und fokussiert sich mit seinen Business-Intelligence-Lösungen auf die Erfassung und Analyse von Marktdaten. Seine Leistungen reichen von Preismonitoring über Dynamic Pricing bis zur Sortimentsoptimierung.

Viele dieser Marktplätze und Vergleichsportale berücksichtigen die unterschiedliche Kaufkraft von Regionen. Beachtet Ihre Technologie das Einkommensgefälle zwischen Bremen und München?
 
Das ist uns bekannt. Wenn der Kunde wünscht, betrachten wir spezielle Regionen oder simulieren spezielle Kundengruppen, die sich durch bestimmte Merkmale auszeichnen.
 
Zu Beginn des Gesprächs führten Sie an, dass der gesamte Prozess der Preisanpassung voll automatisiert ist.
 
Die Vollautomatisierung ist möglich, aber nicht in jedem Fall sinnvoll.
 
Wann ist sie sinnvoll?
 
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: die Unternehmensgröße, Markenbekanntheit, Anzahl der Artikel im Sortiment oder der Preiswettkampf. Wenn man mehrere Zigtausend Artikel im Angebot hat, diese in einem hart umkämpften Markt angeboten werden, kann jede Minute, die man vor dem Mitbewerber seine Preise angepasst hat, ein Vorteil sein.
 
Wie sieht die Verknüpfung Ihrer Technologie mit dem Business Intelligence? Gehen Daten von Ihnen dort ein? Rufen Sie von dort Daten gezielt ab, um sie mit Ihren Daten zu verknüpfen?
 
Business Intelligence-Tools wie Qlik, Thoughtspot oder Power BI setzen wir immer dann ein, wenn es um Individual-Analysen oder um die Verknüpfung mit den betriebseigenen Daten geht. Derartige BI-Analysen entwickeln wir mit Partnern wie die Iodata GmbH. In der Regel erwarten Enterprise-Kunden individuelle Analysen. Zumal die Komplexität in der Datennutzung abteilungsübergreifend folglich viel höhere Anforderungen erfüllt werden müssen.
 
Was sind das für spezielle Bedürfnisse?
 
Ab einer gewissen Unternehmensgröße machen Standard-Dashboard von der Stange keinen Sinn. Damit können nicht alle Beschäftigten des Unternehmens angemessen abgeholt werden. Sie sind an eigenen Standards gewohnt, wie etwa Kürzel oder die Abbildung ihrer eigenen Warengruppen in den Dashboards. Und in solchen Fällen unterscheiden wir uns von Anbietern, die eher kleinere Kunden im Massenmarkt adressieren. Unser Ansatz ist etablierte Standards mit individuellen Anforderungen in den Großprojekten zu kombinieren. Dies machen wir entweder mit Partnern oder in der Mutter-Unternehmen, der parsionate Gruppe, mit entsprechenden Spezialisten.
 
Vollautomatisierung bedeutet, dass Aufgaben nun von Maschinen selbstständig ausgeführt werden, die vorher von Menschen erledigt wurden. Verändert Ihre Technologien und die Ihrer Mitbewerber Berufsprofile?
 
In der Tat ist es so, dass von der Recherche der Preise bis zur Aktualisierung der eigenen Preise auf den Marktplätzen kein Mensch mehr dazwischen sitzen muss. Bis es allerdings soweit ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört, solche Prozesse zu definieren, sie zu testen, Regularien zu entwickeln. Ein Teil unserer Arbeit ist daher auch Change Management bei unseren Kunden zu betreiben. Wenn im Unternehmen der Entschluss gefasst wird, diesen ganzen Prozess zu automatisieren, dann hört es sich zunächst beängstigend an. Muss es aber nicht. Unsere Erfahrung zeigt, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann über Zeit verfügen, kreative, planerische Arbeiten zu erledigen.
 
Das hört sich aber nach Romantik an.
 
Das ist nicht Romantik, sondern harter Wettbewerbsvorteil. Die auf diese Weise verfügbaren Ressourcen können und werden genutzt, um sich auf den Kunden und seine Wünsche zu fokussieren. Ich weiß, dass manche Angst haben, dass durch Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen. Die Erfahrung bisher zeigt doch, dass genau dies nicht geschieht. Digitalisierung eröffnet Ressourcen, die zu einer Spezialisierung innerhalb einer Tätigkeit führen können, weil der Anteil der administrativen Arbeit dank Technologien wie unserer abnimmt. Ferner muss beachtet werden, dass die Menge an Daten, die unsere Technologie im Zuge der Recherche aufarbeitet, kein Mensch erledigen kann.
 
Bleiben wir zum Schluss unseres Gesprächs bei den Menschen: wird der Endverbraucher am Ende dieses Prozesses nicht entmachtet? Verliert er nicht die Kontrolle?
 
Das Bild des gläsernen Konsumenten kursiert in den Medienlandschaften, solange Digitalisierung stattfindet. Bei oberflächlicher Betrachtung kann ein solcher Eindruck entstehen. Hier werden allerdings unterschiedliche Ebenen vermischt. Daher kann ich diesen Eindruck nicht bestätigen. Im digitalen Marketing interessiert sich niemand für eine einzelne Person. Der Aufwand, jede Information einer einzelnen Person zu erheben, steht nicht im Verhältnis zum Nutzen. Schließlich möchte man ja möglichst viele Menschen erreichen.
 
Ich bleibe bei der Frage: verliert der Konsument nicht an Macht, wenn solche Technologien wie Ihre Transparenz in die Märkte bringen?
 
Der Endverbraucher ist nicht machtlos. Zumindest für unsere Kunden kann ich sagen, dass sie Wichtiges zu verlieren haben: ihren Markenwert, ihre Markenbekanntheit und das Vertrauen der Kunden in die Marke. Außerdem wissen unsere Kunden, dass ein zu hoher Preis auf den Marktplätzen dazu führt, dass er nicht den Traffic von Idealo, Google Shopping und Co. auf sich zieht. Auch ist der Händler nicht daran interessiert, durch viel zu niedrigen Preisen den Markt kaputtzumachen. Hier wirken unterschiedliche Mechanismen und Interessen gegeneinander, sodass der Endverbraucher keinesfalls als der Verlierer dieser Entwicklung ist.
 
Herr Klumpp, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!
 
Das Interview führte Kamuran Sezer. Der ausgebildete Soziologe ist Geschäftsführer des futureorg Instituts und verantwortet bei der Iodata GmbH den Bereich Forschung und Kommunikation.

Beitrag teilen

Wer oder was ist die Iodata GmbH?

Die digitale Transformation der Wirtschaft, die auch unter dem Begriff Industrie 4.0 diskutiert wird, ist ein Megatrend, der alle Arbeits- und Lebensbereiche durchdringt und sie verändert. Sie betrifft das Bildungssystem genauso wie das Gesundheitswesen, die Kommunen ebenso wie den Handel und selbstverständlich auch die industrielle Hochtechnologie, die das Herzstück des deutschen Standorts bildet. Umso wichtiger ist es, diese vielfältigen und dynamischen Entwicklungen der digitalen Transformation übersichtlich darzustellen und verständlich zu erklären. Wie wichtig dies ist, kennen wir aus unserer täglichen Arbeit bei der Iodata GmbH. Als Daten-Spezialisten strukturieren, analysieren und visualisieren wir Unternehmensdaten, damit das Management begründete und fundierte Entscheidungen treffen kann. Um die vielfältigen Entwicklungen der Digitalisierung zu beschreiben und zu verstehen, müssen ergänzend zu den quantitativen Daten auch qualitative Indikatoren beachtet werden. Denn heute blicken wir auf dem Fundament von Business Intelligence auf neue Herausforderungen: Smart Data, künstliche Intelligenz, autonome Fertigungsbetriebe, vernetzte Fabriken, Mensch-Roboter-Kollaborationen, predictive analytics, Internet der Dinge oder virtuelle Realitäten, um nur einige Highlights zu nennen. Iovolution.de ist daher nicht nur ein Online-Magazin, das sich an Entscheider aus Wirtschaft, Verbände, Politik und Wissenschaft wendet. Es ist eine Erweiterung des Angebots der Iodata GmbH: ein Instrument zur Trend- und Innovationsbeobachtung.

Wer oder was ist Qlik?

Qlik unterstützt Unternehmen auf der ganzen Welt, schneller zu reagieren und intelligenter zu arbeiten. Mit unserer End-to-End-Lösung können Sie das Potential Ihrer Daten maximal ausschöpfen und die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft legen. Unsere Plattform ist die einzige auf dem Markt, die Ihnen uneingeschränkte Auswertungen ermöglicht, bei denen Sie sich ganz von Ihrer Neugier leiten lassen können. Unabhängig von seinem Kenntnisstand kann jeder echte Entdeckungen machen und zu konkreten geschäftlichen Ergebnissen und Veränderungen beitragen. Bei Qlik geht es um viel mehr als um Datenanalysen. Es geht darum, Menschen zu ermöglichen, die Erkenntnisse zu gewinnen, die echten Wandel vorantreiben. Dass wir beispielsweise Gesundheitssysteme beim Aufdecken von Abweichungen in der Versorgung unterstützen, damit sie Patienten erfolgreicher behandeln können. Einzelhändlern helfen, ihre Lieferketten transparenter zu machen und für einen ungehinderten Warenfluss zu sorgen. Oder durch Nutzung von Daten unseren Beitrag zur Bewältigung großer sozialer Probleme wie den Klimawandel zu leisten. Mit anderen Worten: Es geht uns darum, etwas zu bewirken. 

(C) iovolution.de - iodata GmbH 2020 in Zusammenarbeit mit futureorg Institut - Forschung und Kommunikation für KMU

Teilen mit: