Datenbewirtschaftung kann für Unternehmen mehrere Vorteile darstellen. Jedoch profitieren die meisten deutschen Unternehmen noch nicht davon. Über die Gründe und mögliche Lösungen äußert sich Prof. Dr. Georges-Simon Ulrich, Chefstatistiker der Schweiz.

Fehlende Datenbewirtschaftung: „Man sieht sich nicht als Teil einer Gesamtwirtschaft“ – Interview mit Prof. Dr. Georges-Simon Ulrich

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Datenbewirtschaftung kann für Unternehmen mehrere Vorteile darstellen. Jedoch profitieren die meisten deutschen Unternehmen noch nicht davon. Über die Gründe und mögliche Lösungen äußert sich Prof. Dr. Georges-Simon Ulrich, Chefstatistiker der Schweiz.

Aktuelle Studien heben das ungenutzte Potenzial der Datenbewirtschaftung in deutschen Unternehmen hervor. Sie zeigen deutlich: Die meisten deutschen Unternehmen sind nicht data economy ready. Im Vergleich zu anderen Ländern zeigt sich einen möglichen Handlungsraum. Beispielsweise werden in der Schweiz Datenkompetenz und Transparenz gefördert, um Datenbewirtschaftung zu unterstützen. Prof. Dr. Georges-Simon Ulrich, schweizerischer Chefstatistiker und Mitglied des UN Statistical Commission Bureau, teilt im Interview seine Expertise. Der Direktor des Bundesamts für Statistik BFS bestätigt: Vielen Unternehmen sind sich des Mehrwertes der Datenbewirtschaftung nicht bewusst. Doch am Beispiel der Schweiz scheinen Lösungen aufzutauchen.

Wie würden Sie die Datenbewirtschaftung deutscher Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern charakterisieren?

Dazu kann ich nur von meiner Wahrnehmung aus der Schweiz berichten. Und zwar, dass auf der Ebene der Gesamtwirtschaft jeweils ähnliche Probleme bestehen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen aus klassischen Branchen tun sich fast überall schwer mit der Datenbewirtschaftung, da ihr Kerngeschäft in der Regel nicht direkt mit Daten zu tun hat.

Sind sich kleinen und mittleren Unternehmen des Wertes der Datenbewirtschaftung bewusst?

Eigentlich nicht. Ein Mehrwert über die eigenen Daten hinaus ist zum heutigen Zeitpunkt kaum im Bewusstsein. Es müssten eher Wirtschaftsverbände diesen Mehrwert glaubhaft für ihre jeweilige Branche aufzeigen können, damit vor allem die kleineren und mittleren Unternehmen dies auch aufseiten Kosten und Ertrag konkret sehen und spüren.

Was ist das größte Hindernis für Unternehmen, Daten zu bewirtschaften?

Meiner Meinung nach ist meist das Verständnis für Daten das Hauptproblem. Oder, genereller formuliert, die fehlende Datenkompetenz. Es besteht zwar ein breiter Konsens, dass Daten eine wichtige Ressource für Unternehmen sind. Aber daraus die Schlüsse zu ziehen, seine eigenen Daten im Unternehmen aktiv sichtbar zu machen und sich vor allem zu überlegen, wie man seine Daten pflegen und besser nutzen könnte, das passiert dann eben doch nicht. Insbesondere nicht über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus. Man sieht sich nicht als Teil einer Gesamtwirtschaft.

Was wären die größten Vorteile von einer effizienten Datenbewirtschaftung in Unternehmen?

Richtig verstandene Datenbewirtschaftung dient immer dazu, dass Unternehmen die richtigen Informationen im richtigen Moment möglichst einfach und effizient bereitstellen oder sich zu nutzen machen können. Das ist der Vorteil, der aber nur durch die konsequente Ausrichtung der Datenbewirtschaftung auf das jeweilige Geschäftsmodell entsteht. Da hilft es sicher nicht, dass dem Begriff „Daten“ ein technischer Nimbus anhaftet, der abschreckend wirken kann.

Was wären mögliche Maßnahmen, um die Hemmnisse zur Datenbewirtschaftung in deutschen Unternehmen abzubauen?

Auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene müssen wir unbedingt die Datenkompetenz weiter fördern. Denn Menschen neigen immer dazu, dort aktiv zu werden, wo sie sich kompetent fühlen. Das betrifft die Unternehmerinnen und Unternehmer ebenso wie ihre Mitarbeitenden. Weiter kann der Staat einen wichtigen Beitrag leisten.

Wie kann der Staat Datenbewirtschaftung in Unternehmen fördern?

Hier in der Schweiz versuchen wir das, indem wir auf einer Plattform Metadaten, also Daten über die Daten, und Schnittstellen für den Datenaustausch mit der Verwaltung sichtbar machen. Transparenz ist ein vertrauensbildendes Instrument. Das soll es mit der Zeit ermöglichen, dass Unternehmen Daten mit der Verwaltung immer einfacher austauschen können. Ohne riesige Investitionen in spezifische Software. Auf diesem Weg kann man lernen, zusammen zu lernen und auch Regeln innerhalb des Rechtsrahmens zu finden, nach welchen gespielt wird.

Was kann man für kleine und mittlere Unternehmen konkret machen?

Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen fehlen neben dem Know-how oft die Zeit und das Geld, um die notwendigen Investitionen zu tätigen. Hier sollten wir vermehrt auf Kooperationen setzen. Unternehmen einer bestimmten Branche haben ja auch ähnliche Problemstellungen, die sie zusammen mit ihren IT-Anbietern lösen können. Wir sollten uns also überlegen, wie Unternehmen, Verbände und Verwaltung zusammenarbeiten können, um Daten gemeinsam zu pflegen und effizient auszutauschen.
 
Dazu braucht es halt auch vertrauenswürdige Intermediäre, die diesen Weg begleiten und sicherstellen, dass die Spielregeln womöglich gemeinsam entwickelt und eingehalten werden. In der Schweiz wurde eine dieser wichtigen Rolle in der Verwaltung dem Bundesamt für Statistik zugesprochen. Sie können mich in ein paar Jahren fragen, wie es läuft. Im Moment bin ich zuversichtlicher als auch schon. (futureorg/iodata/iovolution)
 
Das Interview führte Hannah Herden von futureorg Institut.

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