Globale Lieferketten sind komplex vernetzt und dadurch besonders verwundbar. Erdbeben, Überschwemmungen oder politische Umbrüche gefährden Lieferketten weltweit. Fraunhofer-Fachleute bieten IT-Lösungen, die Versorgungsengpässen im internationalen Warenverkehr entgegenwirken und Lieferketten robust halten.

Stabile Lieferketten: Optimale Balance mit Mathematik

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Globale Lieferketten sind komplex vernetzt und dadurch besonders verwundbar. Erdbeben, Überschwemmungen oder politische Umbrüche gefährden Lieferketten weltweit. Fraunhofer-Fachleute bieten IT-Lösungen, die Versorgungsengpässen im internationalen Warenverkehr entgegenwirken und Lieferketten robust halten.

Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) entwickelt mathematische Methoden, mit deren Hilfe sich berechnen lässt, wie Risiken für Lieferketten minimiert werden können. Hier werden die Eigenschaften von Lieferketten mithilfe mathematischer Modelle analysiert. Die darauf aufbauend simulierten Ausfallszenarien machen sichtbar, an welchen Punkten erhöhter Handlungsbedarf besteht.

Im zweiten Schritt geht es den Forschenden darum, ganzheitlich zu optimieren – für eine robustere Lieferkette, die Risiken ohne großen Aufwand abfedern kann. Die Forschenden verpacken alle Stellgrößen in ein multikriterielles Optimierungsproblem. So ermitteln sie die bestmögliche Lösung für das Dreigespann Resilienz, Kosten und Risiko. Algorithmen errechnen die optimale Balance und damit verschiedene Optionen für Rohstoffe, Lieferanten und Lagerhaltung.

Potenzielle Lieferengpässe frühzeitig erkennen

Eine höchst wirkungsvolle Unterstützung bei der Überprüfung und Optimierung von Lieferketten bietet auch das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) mit seinem Order-To-Delivery-NETwork Simulator. Das Tool macht Planungs- und Materialflussprozesse von der Bestellung bis zur Auslieferung durchgängig bewertbar. „OTD-NET bildet selbst hochkomplexe Supply Chains komplett und mehrstufig inklusive der Planungs- und Informationsflussprozesse ab. Über verschiedene Parameter ist es möglich, unternehmensübergreifend und detailgetreu Zusammenarbeit im Rechner zu modellieren“, spezifiziert Marco Motta, Abteilungsleiter Supply Chain Engineering am Fraunhofer IML.
 
Das Instrumentarium prüft Netzwerke insbesondere im Hinblick auf Kundenversprechen wie Liefertreue und Qualität, auf Kosten, ökologische Aspekte – und in der Bewertung alternativer Szenarien auch im Hinblick auf Resilienz. „Ich kann in der Simulation leicht mit Bedarfsspitzen, dem Einbruch eines Marktes oder mit Szenarien spielen, in denen die Produktion gestört ist“, erläutert der Fraunhofer IML-Experte. So lässt sich auch prognostizieren, wie eine Lieferkette im Ausnahmezustand reagiert.
 
Disponenten sehen in logistischen Assistenzsystemen, die einen digitalen Zwilling der Supply Chain mit Simulation verbinden, welche Frachtschiffe welche Teile geladen haben, wo sich diese befinden und wann die Ladung am Bedarfsort verfügbar ist. So kann in globalen Netzwerken die Versorgung der kommenden 20 bis 30 Wochen dargestellt werden. Damit lassen sich frühzeitig potenzielle Engpässe erkennen. Zudem ist im Bedarfs- und Kapazitätsmanagement insbesondere die Rückverfolgung ein Alleinstellungsmerkmal der Lösung. Planer bekommen nicht nur die Nummer eines betroffenen Teils ausgegeben, sondern sehen auch direkt die Auswirkungen auf die gesamte Produktion.

Stabile Lieferketten für Medizinbranche sichern

Zuletzt hatte nicht nur die Automobil-, sondern auch die Medizinbranche unter Lieferengpässen zu leiden. Saskia Sardesai, Senior Scientist am Fraunhofer IML, leitet verschiedene Forschungsprojekte, in denen OTD-NET zur Steigerung der Resilienz in Wertschöpfungsnetzen für Medizinprodukte eingesetzt wird. „Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen gingen dieses Problem mit vorhandenen Tabellenkalkulationstools an. Doch damit können sie keine Dynamik erkennen.“ An diesem Punkt unterstützt OTD-NET. Die Simulation zeigt dynamisch über einen langen Zeitraum, ob sich alle Teile zur richtigen Zeit am richtigen Ort befinden.
 
Im europäischen Forschungsprojekt Co-Versatile, das Sardesai betreut, ist der Schwerpunkt, die Resilienz der europäischen Fertigungsindustrie für künftige Pandemien zu steigern. Schnell und effektiv soll die Lieferkette auf eine plötzlich steigende Nachfrage im Bereich strategischer Medizinprodukte reagieren können. Hierzu entwickelten die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IML ein Simulationsmodell, das Nachfragespitzen und -schwankungen sowie Lieferantenrisiken mitdenkt. Die Nutzer sehen das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren – ein unschätzbarer Vorteil im Vergleich zur altgedienten Excel-Lösung. (fraunhofer/futureorg/iovolution)

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